Ergebnisse geophysikalischer Arbeit in Khirbet ez-Zeraqon (Jordanien)
Die Ergebnisse der Arbeit im Herbst 2003 und Sommer 2004 werden auf dieser Seite von Patrick Leiverkus, Dietmar Biedermann, Armin Rauen und Dieter Vieweger vorgestellt (vgl. auch ZDPV 121, 2005, 36ff.):
Khirbet ez-Zeraqon liegt etwa 10 km nordöstlich der jordanischen Bezirks- und Universitätsstadt Irbid. Die Ruinenstätte befindet sich auf einem Hügel, seine Ostseite fällt steil ab zum von hier an schluchtartigen Wadi esh-Shellale, das nordwärts zum nahen Durchbruchstal des jordanisch-syrischen Grenzflusses Yarmuk hin entwässert. Die Stadt war in der frühen Bronzezeit (3200 bis 2250 v. Chr.) besiedelt. Sie wurde verlassen und später nicht mehr benutzt (Mittmann 1994).
1. Aufgabe
Die frühbronzezeitliche Stadt Khirbet ez-Zeraqon wurde innerhalb von acht Kampagnen durch das Biblisch-Archäologische Institut der Universität Tübingen und das Institute of Archaeology and Anthropology der Yarmouk University Irbid unter Leitung von Prof. Dr. S. Mittmann und Prof. Dr. M. Ibrahim ausgegraben. Im Programm der bisherigen Grabungen konnten zwei Probleme bisher nicht befriedigend beantwortet werden. Diese beinhalten die Fragen nach der Südausdehnung der Siedlung und nach der Funktion sowie zeitlichen Ansetzung der drei getreppten, in den Felsuntergrund gehauenen Schächte. Diese befinden sich in der Unterstadt von Khirbet ez-Zeraqon. Sie dienten vielleicht dazu, einen sicheren, für potentielle Feinde verdeckten Zugang zu einem unterirdischen, wasserspeichernden Tunnelsystem zu ermöglichen. Ihre Einbindung in die frühbronzezeitliche Stadt ist aber unsicher. Derartige wasserwirtschaftliche Anlagen sind im Allgemeinen erst ab der Eisenzeit in Palästina bekannt.
Da die Tunnel und die Zugangsschächte selbst keine weiteren Hinweise für ihre Nutzung erkennen lassen, beabsichtigten S. Mittmann und M. Ibrahim, den archäologischen Kontext der Eingänge mit geophysikalischen Mitteln zu untersuchen. Den Auftrag hierfür erteilten sie dem Biblisch-Archäologischen Institut Wuppertal.
2. Durchführung
Im Rahmen der Kampagnen 2003 und 2004 wurden Untersuchungen mit Geomagnetik, Multielektroden-Geoelektrik (Tomografie) und Georadar durchgeführt. Zusammen mit der 1993 erfolgten geoelektrischen Kartierung wurde damit eine ungewöhnlich große Zahl von Methoden an einer archäologischen Stätte angewendet.
2.1. Getreppte Schächte
Schon bei der Betrachtung der geoelektrischen Kartierung aus dem Jahre 1993 fällt auf, dass im Bereich der Schächte eine Interpretierbarkeit der Daten auf archäologische Strukturen nicht gegeben ist. Der Bereich erscheint in den Daten teilweise sogar homogen. Nun ist es häufig der Fall, dass sich archäologische Strukturen aufgrund ungünstiger lokaler geologischer Verhältnisse mit einer Methode nicht prospektieren lassen. Deshalb wurden zur Klärung der Fragestellung die Anwendung anderer Methoden gewählt. Leider zeigte sich, dass sowohl das Georadar als auch die Geomagnetik die Ergebnisse der Geoelektrik bestätigen. Dies legt die Vermutung nahe, dass im direkten Umfeld der Schächte kaum noch archäologische Strukturen vorhanden sind. Bei näherer Betrachtung des Bodens fällt außerdem auf, dass die sonst üppig vorhandenen kleinen und auch größeren Steine in diesem Bereich fehlen.
Eine mögliche Erklärung für diese Situation ergibt sich aus einer Information von Dr. Kh. DouglasS (Hashemite University Zerqa). Nach seiner Kenntnis sei das Wadi esh-Shellale im Bereich des Khirbet ez-Zeraqon im Sechs-Tage-Krieg umkämpft gewesen. Der Fund eines Granatsplitters während der Prospektion, legt die Vermutung nahe, dass in der Nähe der Schächte archäologische Strukturen tatsächlich durch Kriegshandlungen zerstört wurden. Als weiteres Indiz mag die Tatsache dienen, dass die Schachteingänge den noch heute gut sichtbaren Resten der Stellungen dieser kriegerischen Handlungen im Wadi esh-Shellale in Form und Größe ähneln, so dass ihre Einbeziehung in die Auseinandersetzungen möglich erscheint. Es sei betont, dass diese Erklärung des Befundes reine Spekulation bleibt. Eine geophysikalische Klärung der Fragestellung ist nicht möglich.
Daher wurde entschieden, das weitere Umfeld der Schächte auf mögliche Hinweise auf die Einbeziehung/Nichteinbeziehung der Schachtbauten in die frühbronzezeitliche Stadt zu untersuchen. Dies geschah zunächst durch das Erkunden der frühbronzezeitlichen Stadtmauer im Süden und schließlich durch das Kartieren der Gebäudestrukturen im südlichen Siedlungsbereich der Khirbe.
2.2. Stadtmauerverlauf im Süden
Während sich der Verlauf der Stadtmauer durch eine Böschung zwischen Ober- und Unterstadtgrabung leicht nachvollziehen lässt, verliert er sich nur wenige Meter unterhalb der Unterstadtgrabung. Kurz bevor die Ausrichtung der Mauer nicht mehr nachzuvollziehen ist, erscheint es so, als ob sie entlang der Höhenlinie 483 m NN einen Schwenk von Südost nach Nordost macht. Diese Höhenlinie verläuft zwischen zwei Schachteingängen hindurch.
Ziel der weiteren Untersuchungen war daher, die Lage der Stadtmauer so weit zu erkunden, dass entschieden werden kann, ob sich die Schachteingänge innerhalb des bronzezeitlich ummauerten Stadtgebietes befinden. Dazu wurden geoelektrische Profile, Georadarmessungen und geomagnetische Messungen durchgeführt. Die geoelektrischen Messungen ergaben keinen Hinweis auf einen Verlauf der Mauer oberhalb (westlich) der modernen Straße (Abb.) Es waren keine Stadtmauerreste nachzuweisen. Dies könnte allerdings auch auf die geologischen Gegebenheiten zurückgeführt werden . Auch die Georadarmessungen konnten Mauern in der Stärke der Stadtumwallung von Khirbet ez-Zeraqon nicht nachweisen.
Weit aufschlussreicher sind hier die geomagnetischen Messungen. Diese zeigen in einem großen Teil der prospektierten Fläche archäologische Strukturen, die der bronzezeitlichen Stadtbebauung zugerechnet werden können. So kann z. B. der Verlauf der in der Unterstadtgrabung freigelegten Straße vom Tor kommend nach Osten hin weiterverfolgt werden. Insgesamt lässt sich die bronzezeitliche Bebauung eindeutig bis an den Abbruch der modernen Straße verfolgen, so dass die Stadtmauer wohl unterhalb dieses Bereiches verlief. Die Zerstörung des Geländes im direkten Umfeld der Straße und unterhalb davon ist durch Kriegshandlungen und moderne Geländearbeiten allerdings so groß, dass sich sinnvolle geophysikalische Untersuchungen dort nicht durchführen lassen. Festzuhalten bleibt, dass sich die Schachteingänge innerhalb des bronzezeitlich ummauerten Stadtgebietes befinden.
Während der Kampagnen stellte sich heraus, dass die geomagnetischen Messungen für die archäologische Interpretation am aufschlussreichsten sind. So wurden insgesamt 12000 qm prospektiert, die zum größten Teil nicht durch die Kartierungen von 1993 abgedeckt waren. Dabei ist die Interpretierbarkeit der Daten aus archäologischer Sicht größer als die der geoelektrischen Kartierungen von 1993. Zu diesen wurde von Dr. J. Kamlah und Dr. H. von der Osten-Woldenburg eine Umzeichnung angefertigt (unpubliziert), die aber aufgrund der schwierigen Interpretierbarkeit lückenhaft bleiben muss. Auf deren Grundlage wurden die Arbeiten des Biblisch-Archäologischen Instituts Wuppertal durchgeführt. Überlappende Bereiche werden hier nicht bearbeitet und vorgestellt, sondern allein die bisher unprospektierten Bereich, die sich in der Nähe der Unterstadtgrabung befinden.
2.3. Geomagnetische Erkundung des südlichen Stadtteiles
2.3.1. Kurzbeschreibung des Verfahrens
Das Erdmagnetfeld wird durch Einflüsse, die von unterschiedlicher regionaler und lokaler Verteilung metallischer und magnetischer Störkörper herrühren (Magnetfeldanomalien) beeinflusst. Durch Messung der lokalen Magnetfeldanomalien mit modernen Protonenpräzessionsmagnetometern und Förstersonden lassen sich Aussagen über die Beschaffenheit des Untergrundes machen. Das Verfahren der Geomagnetik wird zur Erkundung von Erzlagerstätten sowie zur Kartierung von Mülldeponien, bzw. industriellen und militärischen Altlastenverdachtsflächen und nicht zuletzt in der Archäologie eingesetzt. Innerhalb einer Untersuchungsfläche können je nach Sachlage auch metallische Stoffe und Metallgegenstände geortet werden, wobei die Erkundungstiefe von der Größe der zu erkundenden Objekte abhängig ist. In der Regel sind in der Archäologie Tiefen von 1-1,5 m möglich (vgl. Vieweger 2003).
Bei der geomagnetischen Kartierung wird der zu untersuchende Bereich in ein Raster (0,25 m x 0,5 m) aufgeteilt und der Gradient des Magnetfeldes gemessen. Für die Arbeiten in Zeraqon stand eine Förstersonde FM-36 der Firma Geoscan mit automatischem Datenlogger zur Verfügung.
2.3.2. Ergebnisse
Während der Kampagnen 2003 und 2004 wurden ca. 12000 qm des Stadtgebietes in Zeraqon um die Unterstadtgrabung prospektiert. Die Messungen zeigen magnetische Kontraste, die eine archäologische Interpretation zulassen und es erlauben, den schon bekannten Stadtplan zu ergänzen (Abb.).
Bibliografie
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